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Kreativität schulen. Feine Linien – Feine Fledermaus.

Ich zeige euch hier eine weitere Zeichnung aus einem meiner Skizzenbücher.

Eine weiße Fledermaus, die ich im Museum entdeckt habe.

Ich habe hier mit besonders dünnen Finelinern gearbeitet und bin von den grazilen Linien, die dadurch entstanden sind, ganz begeistert. Die Betonung der feinen Striche wird durch die dickeren Linien beim Umriss der Fledermaus verstärkt.

Der feinste Stift, den ich benutzt habe, war der Sakura Fineliner 003 und ich muss gestehen, dass ich ihn innerhalb von ein paar Tagen leer gezeichnet habe …

Aber diese feinen Linien haben es mir einfach angetan. Dadurch kann ich Umrisslinien von Schatten und Erhebungen darstellen, ohne dass sie dominant im Bild erscheinen. Das Bild bekommt Plastizität und wirkt, finde ich, qualitativ hochwertiger.

Eine gezeichnete Fledermaus im Skizzenbuch

Linien der Irritation

Bei jedem Bild, frage ich mich, wie ich etwas Irritierendes, etwas Skurriles oder etwas Besonderes einfließen lassen kann. Damit es am Ende originell wirkt und ich meinen Fingerabdruck erkennen kann.

Das ist mein Leitsatz für jedes Bild.

Es muss nicht immer die eine perfekte Erfindung sein, sonst würde ich mich nur einschränken, weil zu viel Druck dabei entsteht.

Das Fledermaus-Motiv

Eine reine realistische Zeichnung passt nicht unbedingt zu mir.

Daher habe ich bei der Motivauswahl selbst, schon etwas Besonderes einfließen lassen. Denn eine weiße Fledermaus sieht man nicht alle Tage. Die roten Augen haben dem Tier noch einen skurrilen Touch verliehen, aber das war mir dann doch zu naheliegend. Daher musste noch etwas in das Motiv. So entstanden die Linien, die die Fledermaus umrahmen. Dadurch wollte ich eine gewisse Irritation erzeugen:

Die Linien haben keine durchgehende Regelmäßigkeit und stören in der Räumlichkeit. Sie können zum Beispiel als Bewegungslinien oder emotionale Verstärkung gesehen werden, wie es in Comic- oder Manga benutzt wird.

Außerdem erzeugen die Linien eine Betonung auf die Zeichnung als Zeichnung. Ich meine damit die Freiheit der Zeichnung und damit auch der Kunst, nicht nur Abbildung von etwas zu sein. Das Motiv ist formbar, und darf Linien zeigen, die nicht nach einem Vorbild nachgeahmt wurden.

Die Linien im Hintergrund lassen das Bild letztendlich von einer rein naturalistischen Darstellung abweichen. Für manche können sie auch nur rein dekorativ wirken.

Das ist dann die Freiheit der Betrachtenden. Man muss nichts hineininterpretieren, man kann es aber in unterschiedlichen Ausmaßen tun.

Eine Albino Fledermaus gezeichnet mit Fineliner und Aquarell
Weiße Fledermaus, Fineliner und Aquarell, 2025, Madita

Seinem Nordstern folgen

Nichtsdestotrotz, ob diese Linien etwas Besonderes, einen rein schmückenden Charakter oder den Betrachtenden völlig egal sind, haben sie von mir die Intention, das Bild „anders“ zu machen.

Und mit jedem Mal, bei dem ich mich frage, wie ich ein Bild „anders“ machen kann, wird mir (hoffentlich) etwas einfallen.

Und so versuche ich, meine Kreativität zu schulen, damit meine Bilder besonders werden.

Die Fledermaus ist da ein Beispiel dafür. Denn ich finde die Linien im Hintergrund nicht bahnbrechend, aber sie verdeutlichen meine Gedanken hinter dem Bild.

Und ob es am Schluss gut aussieht oder nur ein paar unscheinbare Linien am Schluss herauskommen, ist egal. Hauptsache, ich stelle mich der kleinen oder großen Herausforderung.

Den eigenen Nordstern finden

Was möchtest du verfolgen? Was sollen deine Bilder zeigen? Ich finde, den eigenen Nordstern zu finden, kann ein wichtiger Schritt sein.

Dieser entwickelt sich auch gerne beim Erschaffen selbst. Es ist dieses Gefühl, dass das Bild noch nicht fertig ist. Dass da noch etwas fehlt …

Je mehr man ausprobiert, desto mehr Ideen und Kreativität entwickeln sich und führen zu einem eigenen Stil.

Ein Prozess

Es ist nicht immer leicht, seinem Nordstern zu folgen. Manchmal steht man vor seinem Bild und merkt: Das ist so gar nicht meins … und man weiß auch nicht, wie man es zu seinem Bild machen soll. Doch genau dann ist die Situation gekommen, bei dem man etwas ganz Besonderes schaffen kann.

Indem man es hinbekommt, genau dann, das Ganze um 180 Grad zu drehen (im übertragenen Sinne, wobei es manchmal auch buchstäblich gemeint sein kann):

Ein Bild, das man erschaffen hat und nicht mochte, mit dem besonderen Etwas zu kombinieren, um es sich zu eigen zu machen.

Dabei hat dieses Besondere natürlich auch eine subjektive Note. Aber es kann ein Nordstern und Wegweiser für die eigene Kreativität darstellen.

Es kann jedoch dauern, bis man eine 180-Grad-Wendung schafft. Es ist ein nie endender Prozess und hat auch mit der eigenen Wahrnehmung und dem künstlerischen Selbstbewusstsein zu tun.

Die Gefahr des Nordsterns

Das Wichtige ist, eine gewisse Balance zu finden, damit man sich nicht so sehr auf seinen Leitsatz versteift. Denn das kann dazu führen, dass man letztendlich immer dasselbe macht. Wobei selbst das nicht zwingend schlimm ist. Da kommt es darauf an, wie du dich mit deiner Kunst weiterentwickeln möchtest.

Ein Konstrukt

Dieses Prinzip ist etwas, mit dem ich schon lange arbeite. Das passierte ganz unbewusst und ist vielleicht bei den meisten auch schon unbewusst verankert. Doch durch das Bewusstmachen des Prozesses kann man seinen Nordstern verfeinern und seine Kreativität schulen.

Letztendlich ist das Ganze eine Metapher und Methode. Ein gedankliches Konstrukt, das nicht zwingend für alle hilfreich sein muss und manche auch nur verwirrt. Ich denke, es kann für Menschen hilfreich sein, die sich schon mit ihrer eigenen Kunst auseinandergesetzt haben, oder für die, die es noch vorhaben.

Für mehr Input zum Thema Kreativität lest euch gerne diese Beiträge durch oder stöbert in meiner Galerie oder durch den Blog allgemein.

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